Alltagsgeschichten von frau.tamara: Ich glaube, ich habe einen Braten in der Röhre!

‚Ich glaube, ich habe einen Braten in der Röhre!“, rief ich meiner Freundin aus dem Bad unseres Hotelzimmers zu. Meine Brüste zogen und mir war schon seit ein paar Tagen ziemlich übel. “Das geht nicht, du hast die Spirale!“, und brach in Gelächter aus. Ich zuckte mit den Schultern und verwarf den Gedanken. Wer wird schon mit einer Spirale schwanger? Ich bestimmt nicht!

frau.tamara: Und plötzlich ist man Schwanger.

Zwei Wochen später wachte ich nachts bei meinem damaligen Freund auf – und da war er wieder, der Gedanke an den Braten, der ja eigentlich keiner sein kann. Die restliche Nacht verbrachte ich wie eine Wildgewordene damit alle Suchbegriffe rund ums Thema Spirale und Schwangerschaft zu googeln. Tatsächlich die Möglichkeit bestand durchaus.

Ich befand mich zu diesem Zeitpunkt noch in der Ausbildung zur med. Fachangestellten und in so ziemlich jeder Praxis findet man den ein oder anderen Schwangerschaftstest, weil es mir damals ziemlich peinlich gewesen wäre in meinen jungen Jahren, nämlich gerade einmal 18, einen Test zu kaufen, mussten die aus meiner Praxis herhalten.

Ich beschloss einfach eine halbe Stunde früher zur Arbeit zu gehen, vor allen anderen um diesen komischen Gedanken an den Braten ein Ende zu bereiten. Ich sperrte auf, niemand da, verschwand schnell im Labor holte einen Teststreifen und einen Becher und ging auf die Toilette. Zwei Striche! Kann nicht sein! Wieder zurück ins Labor, diesmal rüstete ich mich gleich mit zwei Teststreifen aus, tunkte auch die beiden in den Becher. Wieder zwei Striche und nochmal zwei Striche. Ich saß auf dem Klo vor mir auf dem Boden lagen jetzt die sechs Striche. Jetzt musste ich mich das erste und letzte Mal in meiner Schwangerschaft übergeben, wobei ich mir bis heute nicht ganz sicher bin, ob das an den Hormonen oder an der Aufregung lag. Wie die Schicht an dem Tag verlief kann sich bestimmt jeder vorstellen – schrecklich!

frau.tamara: Es ist Realität, da wächst was heran.

Ich fuhr direkt nach der Arbeit auf meinem Roller zum Frauenarzt, im Gepäck die sechs Striche. Dort angekommen und mittlerweile auch in Tränen ausgebrochen kam ich direkt dran und wurde mit trostspendenden Worten der Arzthelferin: “ Frau M. beruhigen Sie sich, dass kann nicht sein!“ ins Behandlungszimmer gebracht. Und wie das sein kann, fünf Minuten später sah ich am Monitor den Braten in Form eines kleinen Punktes in meiner Gebärmutter und hörte seinen Herzton. Von der Spirale weit und breit nichts mehr zu sehen. Schöne Scheiße!

Ich war, wie schon erwähnt 18 Jahre jung, meiner Meinung nach steckte ich damals noch mitten in der Pubertät, mitten in der Ausbildung, lebte in meinem Kinderzimmer, hatte seit Wochen den richtigen Moment abgewartet um mich von meinem Freund zu trennen und ansonsten wollte ich auch erst mit 30 Mutter werden. Ich war jetzt sauer, traurig, ängstlich und wütend und weil ich gerade nicht wusste wohin mit meiner Wut fuhr ich erst mal zum Mitverantwortlichen an der ganzen Situation, der bekam dann meinen Wutausbruch in voller Länge ab und als der sich dann auch noch freute, über den Braten, meine flache Hand in sein Gesicht.

frau.tamara: Wie aus dem Braten eine Erdbeere wurde.

Am Wochenende vor meinem nächsten Frauenarzttermin bekam ich Blutungen und mit ihnen auch ein erleichterndes Gefühl, dass der ganze Spuk jetzt vielleicht ein Ende hat. Hatte er nicht… Ich bin in die Notaufnahme ins Krankenhaus gefahren, bekam einen Ultraschall und oh Schreck da war kein kleiner Punkt mehr sondern ein kleiner Mensch mit zu kurz geratenen Armen und Beinen.

Das erste Mal seit dem ich erfahren habe schwanger zu sein, machte mich mir Sorgen um den Braten der jetzt vom Braten zur Erdbeere umgetauft wurde. Ich hoffte wirklich, dass es der Erdbeere gut geht und hoffte ich würde sie nicht verlieren. Das Gefühl, dass ich damals hatte nennt sich wahrscheinlich mütterliche Liebe. Ja – ich liebte meine schwarz weiße Erdbeere. Wie es weiter ging wusste ich trotzdem nicht, nur, dass es mit Erdbeere ab jetzt irgendwie funktionieren muss.

frau.tamara: Meine Erdbeere und Ich gegen den Rest der Welt.

Alle im Verwanden- und Bekanntenkreis waren ziemlich, sagen wir mal überrascht aber damit mussten sie jetzt leben. Ich stand hinter meiner Erdbeere, komme was wolle! Die SS verlief unkompliziert bis auf ein paar der üblichen Wehwehchen. Die Geburt verlief Problemlos bis auf ein Problem und das definiert sich in dem Fall mit 30 Stunden Wehen.

Und dann hatte ich ihn in den Armen, der Braten, die Erdbeere mein kleiner Elias. Im Krankenzimmer angekommen konnte ich das Alles nicht glauben, ich blieb die ganze Nacht wach saß am Bettrand, deckte den kleinen Menschen alle zwei Minuten auf um mich zu vergewissern, dass er wirklich so klein und süß ist wie er es zwei Minuten zuvor auch schon war – und ja er war es!

In den nächsten zwei Tagen überfuhr mich ein Panzer und der Panzer hieß Babybesuch. Alle wollten Elias auf den Arm nehmen, alle wollten ihn sehen, alle wollten mein Kind. Ja, ich hab völlig überreagiert, das ist mir jetzt auch bewusst und an dieser Stelle noch mal Entschuldigung an Alle, die meine Launen abbekommen haben. Aber ich fühlte mich wie eine Löwin die ihr Junges vor hungrigen Hyänen schützen wollte.

frau.tamara: Eine aufreibende Zeit begann, aber es hat sich gelohnt.

Zuhause angekommen begannen die wohl nervenaufreibendsten 6 Monate meines Lebens im Chaos zwischen Ausbildung, Abschlussprüfung, Trennung des Vaters, Auszug aus meinem Elternhaus und meinem kleinen Baby funktionierte ich nur noch wie eine Maschine und leider konnte ich die Zeit auch nicht wirklich genießen weil ich nach 8 Wochen schon wieder zur Arbeit ging und Elias bei einer Tagesmutter war.

Als Elias 6 Monate alt war zog ich von Zuhause aus und baute uns endlich unser eigenes Nest. Am ersten Abend in meiner Wohnung heulte ich wie ein Schlosshund und 100 Steine vom Herzen, weil ich endlich alles geschafft hatte und jetzt ein schönes Leben mit der Erdbeere führen konnte. Und das wurde es auch, nun ist es schöner als es jemals war und ich bin mir sicher es wird noch besser. Heute ist er 7 Jahre alt und auch wenn ich kein Wunschkind habe, hätte ich damals das Wissen von heute, hätte ich es genauso wieder gemacht.

Eine wundervolle Geschicht, die Ihr gerne direkt hier positiv kommentieren könnt. Ansonsten findet Ihr mehr zu dem Leben von frau.tamara direkt auf Instagram.

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